Mobilfunkvorsorgekonzept


Was versteht man unter einem Mobilfunkvorsorgekonzept?

Rechte der Gemeinden

Kommunen können bei der baulichen Ausgestaltung der Mobilfunkversorgung die Planungshoheit ausüben, indem sie den Mobilfunkbetreibern die für die geplante Versorgung immisionsärmste Lösung vorschreiben. Dabei ist es egal, ob eine Mobilfunkanlage baurechtlich genehmigungspflichtig oder genehmigungsfrei ist. Die letztendliche Entscheidungsbefugnis liegt immer bei der Kommune alleine! Dies trifft also auch auf sog. Small Cells zu, welche im Straßenmobiliar wie beispielsweise in Straßenlaternen untergebracht werden können und mit dem Aufkommen von 5G noch eine große Rolle spielen werden.

Die Gesetzesgrundlage dazu ergibt sich aus der Sechsundzwanzigsten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes.

26. BImSchV - § 7a Beteiligung der Kommunen Link
Die Kommune, in deren Gebiet die Hochfrequenzanlage errichtet werden soll, wird bei der Auswahl von Standorten für Hochfrequenzanlagen, die nach dem 22. August 2013 errichtet werden, durch die Betreiber gehört. Sie erhält rechtzeitig die Möglichkeit zur Stellungnahme und zur Erörterung der Baumaßnahme. Die Ergebnisse der Beteiligung sind zu berücksichtigen.

Das Bundesverwaltungsgericht hält mit seinem Urteil vom 30.08.2012 die kommunale Standortplanung für Mobilfunkanlagen für grundsätzlich zulässig.

BVerwG, Urteil vom 30.08.2012 - 4 C 1.11 Link
"Den Gemeinden steht es frei, die Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht (...). Sie dürfen Standortplanung auch dann betreiben, wenn bauliche Anlagen nach den maßgeblichen immissionsschutzrechtlichen Maßstäben - hier den Grenzwerten der 26. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BlmSchV) - unbedenklich sind."

Verfahrensablauf

Die Gemeinde tritt fristgerecht (!) nach bekanntwerden eines konkreten Planungsvorhabens für eine Sendeanlage, der sog. Suchkreisanfrage, aktiv in den Dialog mit dem Netzbetreiber ein, um ihrerseits alternative Standortvorschläge zu erarbeiten und zur Diskussion zu stellen. Dazu beauftragt sie ein unabhängiges Gutachterbüro zur Beratung bei der Standortauswahl.

Ziele, die mit einem Mobilfunkvorsorgekonzept verwirklicht werden können

Wichtigstes Ziel ist neben einer flächendeckend angemessenen und ausreichenden Versorgung die gleichzeitige Minimierung der Strahlenbelastung für die Bevölkerung. Zwar kann die Gemeinde keine eigenen Grenzwerte für das gesamte Gemeindegebiet festlegen, jedoch können mit Hilfe der Bauleitplanung besonders schutzwürdige Gebiete wie beispielsweise Kindergärten, Schulen, Kliniken, Pflegeeinrichtungen, Naturschutzgebiete und andere ausgewiesen werden und der Bau von Sendeanlagen in Wohngebieten kann verhindert werden. Dabei dürfen die Grenzwerte der 26. BImSchV auch unterschritten werden. Es gibt keinen Rechtsanspruch für die Betreiber, diese zu jeder Zeit und überall auszuschöpfen zu dürfen.

Das Vorsorgeprinzip

Da der gesetzlich festgelegte Grenzwert keine Vorsorgekomponente enthält und um wissenschaftlichen Unsicherheiten in der Risikobewertung von Mobilfunkstrahlung Rechnung zu tragen, muss die Strahlungsbelastung auf das Nötigste beschränkt werden. Dies entspricht dem Vorsorgeprinzip, zu welchem die Kommune nach Artikel 20a GG verpflichtet ist und orientiert sich an den Empfehlungen der Strahlenschutzkommission und dem Bundesamt für Strahlenschutz, welche bereits 2008 Vorsorgemaßnahmen für unabdingbar erachteten. Die Gemeinde ist berechtigt, eigenständig Risikovorsorge zu betreiben und diese als Belang gemäß §1 VI Nr. 1 und 7 BauGB in ihrer Bauleitplanung festzulegen.

Wenn die Netzbetreiber nicht kompromissbereit sind

Sollten die Betreiber auf geänderte Standortwünsche der Kommune nicht eingehen wollen, kommen die Instrumente des Planungsrechts zur Anwendung. Diese sind bei genehmigungspflichtigen Anlagen die Zurückstellung von Baugesuchen nach § 15 BauGB, bei genehmigungsfreien Anlagen die Veränderungssperre nach § 14 BauGB.

Fachgutachterliche und juristische Begleitung

Bei allen Schritten lässt sich die Gemeinde dazu unabhängig fachgutachterlich und juristisch beraten, um gegenüber den Betreibern kompetent argumentieren zu können und so die Ziele ihrer eigenen städtebaulichen Ordnungsvorstellungen durchsetzen zu können.

Signal an die Politik

Nicht zuletzt kann ein Mobilfunkvorsorgekonzept der Kommunen auch als politisches Signal verstanden werden, solange die Bundes- und Landespolitik sich verweigert die Gefahren des Mobilfunks angemessen zu adressieren.